Betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung

Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung

Im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehen auch
betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen und sind daher
unfallversicherungsrechtlich geschützt. Nach der ständigen
Rechtsprechung des BSG kann die Teilnahme von Beschäftigten etwa an
Betriebsfesten, Betriebsausflügen oder ähnlichen
Gemeinschaftsveranstaltungen unter bestimmten Voraussetzungen dem
Unternehmen zugerechnet und der versicherten Tätigkeit gleichgesetzt
werden.

Grundsatz: Pflege der Verbundenheit zwischen Unternehmensleitung und
gesamter Belegschaft

Die Zusammenkunft dient der Pflege der Verbundenheit zwischen der
Unternehmensleitung und den Beschäftigten sowie der Beschäftigten
untereinander. Die Veranstaltung muss deshalb allen Beschäftigten des
Unternehmens - bei Großbetrieben mindestens allen Beschäftigten
einzelner Abteilungen oder anderer betrieblicher Einheiten - offen
stehen und von der Unternehmensleitung selbst veranstaltet oder
zumindest gebilligt oder gefördert und von ihrer Autorität als
betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung getragen werden. 

Reicht es, wenn die Abteilungsleitung nur mit einer Abteilung feiert?

Urteil des BSG vom 05.07.2016 

http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=ps&nr=14306

Aus dem Pressebericht:

 

\"...Soweit das BSG bislang als weiteres Kriterium für versicherte
betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen darauf abgestellt hat, dass
die Unternehmensleitung persönlich an der Feier teilnehmen muss, wird
hieran nicht länger festgehalten.

Betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen stehen unter dem Schutz der
Gesetzlichen Unfallversicherung, weil durch sie das Betriebsklima
gefördert und der Zusammenhalt der Beschäftigten untereinander gestärkt
wird. Dieser Zweck wird auch erreicht und gefördert, wenn kleinere
Untergliederungen eines Betriebes Gemeinschaftsveranstaltungen
durchführen.

Die Teilnahme der Betriebsleitung oder des Unternehmers persönlich ist
hierfür nicht erforderlich.

Ausreichend ist daher, wenn durch eine betriebliche
Gemeinschaftsveranstaltung die Verbundenheit und das Gemeinschaftsgefühl
der Beschäftigten in dem jeweiligen Sachgebiet oder Team gefördert
wird.

Notwendig ist dafür lediglich, dass die Feier allen Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern des jeweiligen Teams offen stand und die jeweilige
Sachgebiets- oder Teamleitung teilnimmt.

Dies war hier der Fall, weil die von der Dienststellenleitung
ermächtigte Sachgebietsleiterin alle Beschäftigten ihres Sachgebiets
eingeladen hatte und die Feier durchführte. Auf die tatsächliche Anzahl
der Teilnehmenden kommt es nicht an...\"

Allerdings hält das BSG daran fest, dass die Abteilungsveranstaltung
im Einvernehmen mit der Unternehmensleitung stattfinden muss.

\"...Für ein solches \"Einvernehmen\" reicht es aus, wenn der Dienststellenleiter in einer Dienstbesprechung mit den jeweiligen Sachgebietsleitern vereinbart, dass die jeweiligen Sachgebiete Weihnachtsfeiern veranstalten dürfen und weitere Festlegungen (Beginn, Zeitgutschrift etc.) getroffen werden. Durch die Gesamtheit dieser ‑ zudem seit Jahren praktizierten ‑ Vereinbarungen wird hinreichend deutlich, dass die Feiern der einzelnen Sachgebiete im Einvernehmen mit der Behördenleitung und damit im dienstlichen Interesse stattfanden.

In Teamworkshop eingebettetes gemeinsames Radfahren einer Abteilung kann
Versicherte betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung sein. LSG Hamburg
vom 29.05.2019, L 2 U
6/18 sozialgerichtsbarkeit.de

Veranstaltung wird von Autorität der Unternehmensleitung getragen

Eine Anwesenheit der Unternehmensleitung während der gesamten
Veranstaltung ist nicht erforderlich. Die Veranstaltung ist von der
Autorität der Unternehmensleitung auch zu einer Zeit getragen, in der
sie nicht selbst anwesend ist, zB der Betriebsrat die Veranstaltung
leitet und dabei zugleich für das Unternehmen handelt (BSGE 7, 249,
253). Grundsätzlich muss die Unternehmensleitung oder Teile von ihr aber
an der Veranstaltung teilnehmen, damit die betriebliche Zielsetzung
Verbundenheit zwischen Unternehmensleitung und Beschäftigten erreicht
werden kann....\" 

Nicht versichert: Zusammenkünfte der Betriebsangehörigen allein

Zusammenkünfte, welche der Pflege der Verbundenheit nur der
Beschäftigten eines Unternehmens untereinander dienen, reichen daher
nicht aus, um die Teilnahme an ihnen einer betrieblichen Tätigkeit
gleichzustellen (BSG SozR Nr 25 und 66 zu § 542 RVO aF). Es muss sich
insgesamt um eine Veranstaltung handeln, welche nach ihrer
Programmgestaltung an sich geeignet ist, zur Förderung des
Gemeinschaftsgedankens im Unternehmen beizutragen, indem sie die
Gesamtheit der Belegschaft und nicht nur einen begrenzten
Interessentenkreis der Beschäftigten anspricht.

Auch nicht versichert: Freizeitveranstaltungen eines ausgewählten Kreises z. B. als Belohnung

Die Teilnahme an Freizeit- und Erholungsveranstaltungen hingegen ist
nicht deshalb versichert, weil diese vom Unternehmen organisiert und
finanziert werden. Stehen Freizeit, Unterhaltung oder Erholung im
Vordergrund, fehlt es an einem wesentlichen betrieblichen Zusammenhang
(BSGE 17, 280, 282 = SozR Nr 56 zu § 542 RVO aF; BSG SozR 2200 § 548 Nr
21 mwN). Es steht jedem Unternehmen zwar frei, seine Mitarbeiter zB
durch \"Incentive-Reisen\" zu höheren Leistungen anzuspornen; das
Unternehmen hat es jedoch nicht in der Hand, den gesetzlichen UV-Schutz
auf sonst unversicherte Tatbestände auszuweiten, und zwar auch dann
nicht, wenn hierdurch die persönliche Verbundenheit einer Gruppe von
Beschäftigten mit dem Unternehmen gestärkt würde (s BSG SozR 2200 § 548
Nr 21). Das Interesse der Unternehmensleitung, dass sich aus solchen
Veranstaltungen wahrscheinlich auch eine Motivation zu
Leistungssteigerungen ergibt, reicht nicht aus, für solche Betätigungen
den rechtlich wesentlichen Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit
herzustellen (s BSGE 17, 280, 282). Der Unternehmer honoriert insoweit
eine bestimmte Leistung mit einem geldwerten Vorteil, ohne dass dadurch
die vom Unternehmen finanzierte Reise für die Beschäftigten zu einer
betrieblichen Tätigkeit wird. Ebenso wie die Pflege gesellschaftlicher
Beziehungen, auch wenn sie für das Unternehmen wertvoll ist, nicht schon
deshalb unter Versicherungsschutz steht, ist die Pflege der persönlichen
Beziehungen zur Unternehmensleitung und unter den Beschäftigten trotz
günstiger Auswirkungen auf die Arbeit im Unternehmen außerhalb der in
den Versicherungsschutz einbezogenen Teilnahme an betrieblichen
Gemeinschaftsveranstaltungen dem unversicherten persönlichen
Lebensbereich zuzurechnen (BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 21).

Voraussetzungen für Form, Zeitpunkt und Ort der Veranstaltung

Form und Ort der betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung sind nicht eng
begrenzt, wie ua Weihnachtsfeiern, Jubiläen und Betriebsausflüge zeigen.
Ebenso ist der Zeitpunkt der Gemeinschaftsveranstaltung für den
Versicherungsschutz unerheblich, sie kann deshalb auch, wie im
vorliegenden Fall, an einem Sonntag stattfinden (BSGE 7, 249, 253).

Versicherte Aktivitäten

Unter Versicherungsschutz stehen bei einer betrieblichen
Gemeinschaftsveranstaltung alle Verrichtungen, die mit dem Zweck der
Veranstaltung vereinbar sind. Dies werden oft Verrichtungen sein, die
sonst mit der betrieblichen Tätigkeit nicht im unmittelbaren, inneren
Zusammenhang stehen, zB Tanzen beim Betriebsfest, Spazieren gehen und
Baden beim Betriebsausflug, Spiele, Theateraufführungen, Chorgesang,
nicht aber rein persönlich motivierte Reitvorführungen (BSG SozR 3-2200
§ 548 Nr 40). Unter Versicherungsschutz stehen die Teilnehmer an einer
betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung nämlich nur bei den
Tätigkeiten, die mit dem Gesamtzweck der Veranstaltung, der sich auch
auf die körperliche Entspannung und Erholung erstreckt, vereinbar bzw
vorgesehen oder üblich sind. Sportliche Betätigungen mit spielerischem
Charakter sind unter diesen Voraussetzungen versichert, wenn sie der
Förderung des Gemeinsinns oder des Zusammengehörigkeitsgefühls aller
Beschäftigten und nicht allein dem persönlichen Interesse des
Betroffenen dienen. Dabei spielt es wiederum keine Rolle, ob der oder
die Teilnehmer die besondere Aktivität allein bzw unter sich entfalten
oder ob sie ihre besonderen Fähigkeiten etwa einzelnen, einigen oder gar
allen anderen Teilnehmern der Gemeinschaftsveranstaltung vorführen oder
vorführen wollen. Allein wenn eine derartige Vorführung zur Unterhaltung
oder Belustigung aller übrigen Teilnehmer als Teil der
Gemeinschaftsveranstaltung vorgesehen oder üblich war, kann sie als der
Gemeinschaftspflege dienend in innerem Zusammenhang mit der versicherten
Tätigkeit stehend beurteilt werden (BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 40).

Vertrauensschutz bei zu geringer Teilnehmerzahl

Im Übrigen ist bei einem möglichen Missverhältnis zu beachten, dass der
Versicherungsschutz für die einzelnen Teilnehmer einer Veranstaltung, zu
der das Unternehmen als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung
eingeladen hat und bei der die übrigen Voraussetzungen für eine solche
erfüllt sind, an der aber nun so wenig Beschäftigte teilnehmen, dass der
Gemeinschaftscharakter fraglich wird, auf Vertrauensschutz berufen kann,
zumal die geringe Anzahl der Teilnehmer ggf erst bei Beginn der
Veranstaltung festgestellt wird (Brackmann/Krasney, § 8 RdNr 121).

JP-Morgan-Lauf-Teilnahme keine versicherte Gemeinschaftsveranstaltung

Hessisches Landessozialgericht   L 3 U 123/05   18.03.2008  

...Weder der Laufwettbewerb noch die anschließend stattfindende
\"Läufer-Party\" waren geeignet, die für eine betriebliche
Gemeinschaftsveranstaltung wesentliche \"betriebliche Zielsetzung\" --
Verbundenheit zwischen Unternehmensleitung und Beschäftigten, sowie der
Beschäftigten untereinander -- zu erreichen. Denn beide Veranstaltungen
standen nicht allen Betriebsangehörigen offen. Bei dem Stadtlauf durch
die B-Stadt Innenstadt hatten die Teilnehmer eine 5,6 km lange Strecke
zurückzulegen. Auch wenn von den einzelnen Teilnehmern keine sportlichen
Höchstleistungen erwartet wurden und der sportliche Wettkampf nicht im
Vordergrund der Veranstaltung stand, kann nicht unterstellt werden, dass
alle 1.890 in B-Stadt bei der Z. beschäftigten Mitarbeiter aufgrund
ihrer konditionellen Fähigkeiten in der Lage gewesen wären, an einem
solchen Laufwettbewerb teilzunehmen. Vielmehr kann davon ausgegangen
werden, dass gesundheits- oder altersbedingte Einschränkungen schon
einen Teil der Beschäftigten daran gehindert haben, am Stadtlauf
teilzunehmen. Zudem war der Stadtlauf als rein sportliche Veranstaltung
nicht geeignet, zur Förderung des Gemeinschaftsgedankens beizutragen,
weil eine solche Veranstaltung von ihrer Programmgestaltung her nicht
die Gesamtheit der Belegschaft, sondern nur die sportinteressierten und
sportlich aktiven Beschäftigten einbezieht. Auch die im Anschluss an den
Laufwettbewerb veranstaltete \"Läufer-Party\" erfüllt nicht die
Kriterien einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung, weil zu dieser
Party nicht alle Betriebsangehörigen eingeladen worden waren. Dies folgt
aus der E-Mail vom 11. Juni 2003. Die Formulierung, es finde \"wieder
eine Läufer-Party\" statt, lässt nur den Schluss zu, dass sich die
Einladung nur auf die aktiv am Lauf teilnehmenden Betriebsangehörigen
bezogen hat. Die für eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung
erforderliche \"betriebliche Zielsetzung\", nämlich die Förderung des
Gemeinschaftsgedankens, konnte mit dieser Veranstaltung ebenfalls nicht
erreicht werden, weil nicht die Gesamtheit der Belegschaft, sondern nur
ein auf die aktiven Teilnehmer des Laufwettbewerbs begrenzter Kreis der
Beschäftigten angesprochen wurde. Dieser Umstand ist entscheidend. Denn
es reicht nicht aus, dass der Arbeitgeber, die Z., zur Teilnahme am
Laufwettbewerb aufgefordert und die damit verbundenen Kosten getragen
sowie die sich anschließende \"Läufer-Party\" organisiert und finanziert
hat und die Veranstaltungen unter Umständen die persönliche
Verbundenheit einer Gruppe von Beschäftigten mit dem Unternehmen
gestärkt haben. Das Interesse der Unternehmensleitung, das sich aus
solchen Veranstaltungen wie Laufwettbewerb und anschließender
Läuferparty wahrscheinlich auch einer Motivation zur Leistungssteigerung
ergibt, reicht nicht aus, den rechtlich wesentlichen Zusammenhang mit
der betrieblichen Tätigkeit herzustellen. Die Pflege der persönlichen
Beziehungen zur Unternehmensleitung steht trotz günstiger Auswirkungen
auf die Arbeit im Unternehmen nicht unter Versicherungsschutz, wenn sie
außerhalb der in den Versicherungsschutz einbezogenen Teilnahme an
betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen stattfindet. Solche
Tätigkeiten sind dem unversicherten persönlichen Lebensbereich
zuzurechnen (so Bundessozialgericht, Urteile vom 7. Dezember 2004 -- B 2
U 47/03 R -, NZS 2005, 657, 659 m.w.N. aus der Rechtsprechung des
Bundessozialgerichts). Die Vorstellung des Unternehmers oder des
Verletzten, eine bestimmte Veranstaltung stehe unter
Versicherungsschutz, kann nicht zum Versicherungsschutz führen, wenn
eine Veranstaltung nicht die für eine Gemeinschaftsveranstaltung
erforderlichen Kriterien erfüllt. Ein Vertrauensschutz kann unter
Umständen nur dann in Betracht kommen, wenn der Gemeinschaftscharakter
einer Veranstaltung fraglich wird, weil eine zu geringe Anzahl von
Teilnehmern sich zu der Veranstaltung eingefunden hat. ...

siehe auch

Betriebssport