Ärztliche Kunstfehler
Urteil des BGH vom 29.11.2016 VI ZR 208/15 - zivilrechtliche Mithaftung des Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung für Fehler des Durchgangsarztes bei der Erstversorgung
"Leitsatz
1. Wegen des regelmäßig gegebenen inneren Zusammenhangs der Diagnosestellung und der sie vorbereitenden Maßnahmen mit der Entscheidung über die richtige Heilbehandlung sind jene Maßnahmen ebenfalls der öffentlich-rechtlichen Aufgabe des Durchgangsarztes zuzuordnen mit der Folge, dass die Unfallversicherungsträger für etwaige Fehler in diesem Bereich haften (Aufgabe der Rechtsprechung zur "doppelten Zielrichtung", vgl. Senatsurteil vom... ).
2. Eine Erstversorgung durch den Durchgangsarzt ist ebenfalls der Ausübung eines öffentlichen Amtes zuzurechnen mit der Folge, dass die Unfallversicherungsträger für etwaige Fehler in diesem Bereich haften (Aufgabe BGH, Urteil vom... ).
3. Bei der Bestimmung der Passivlegitimation ist regelmäßig auf den Durchgangsarztbericht abzustellen, in dem der Durchgangsarzt selbst die "Art der Erstversorgung (durch den D-Arzt)" dokumentiert."
Zu den auf die Erstversorgung folgenden durchgangsärztlichen Behandlungen:
"... Dem steht nicht entgegen, dass die ärztliche Heilbehandlung regelmäßig nicht Ausübung eines öffentlichen Amtes im Sinne von Art. 34 GG ist. Die Erstversorgung wird in § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII getrennt von der ärztlichen und zahnärztlichen Behandlung aufgeführt. Dies gilt auch für die §§ 6, 9, 10, 11 des Vertrags 2008, wonach bei Arbeitsunfällen die Heilbehandlung als allgemeine Heilbehandlung oder als besondere Heilbehandlung durchgeführt und die Erstversorgung davon unterschieden wird. Dies ist ein Indiz, dass an sie andere Rechtsfolgen geknüpft werden können als an die nach der Erstversorgung folgenden ärztlichen Behandlungen (vgl. ..."
weitere Entscheidung des BGH vom 20.12.2016 - ZR 395/15
UVR 7/2019: Verabsäumen notwendiger Diagnostik -unbehandelter Bruch – keine Haftung der BG – Weiterbehandlung durch D-Arzt ist dem privaten Bereich zuzuordnen – kein hoheitliches Handeln des D-Arztes – Urteil des OLG Köln vom 09.01.2019 – 5 U 13/17
BGH Urteil v. 10.03.2020, VI ZR 281/19
"Die wesentliche Entscheidung zur Erfüllung der Steuerungsfunktion des Durchgangsarztes ist gemäß § 27 Abs. 1 des Vertrages Ärzte/Unfallversicherungsträger an dieser Schnittstelle angesiedelt, an der über die Durchführung einer allgemeinen Heilbehandlung, die Einleitung der besonderen Heilbehandlung oder die Ablehnung einer Heilbehandlung zu Lasten des Unfallversicherungsträgers zu entscheiden ist. Der Entscheidung für die besondere Heilbehandlung nachfolgende Maßnahmen zur Absicherung der Diagnose und darauf gestützte Entscheidungen über den weiteren Verlauf der besonderen Heilbehandlung sind dann bereits Teil der Heilbehandlung und damit privatrechtlicher Natur."
Eine Verpflichtung zur Beratung der Versicherten bei der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen wegen Behandlungsfehlern besteht für die gesetzliche Unfallversicherung nicht. Im KV-Recht gilt:
§ 66 SGB V : Unterstützung der Versicherten bei Behandlungsfehlern
Zur Haftung des Durchgangsarztes im Innenverhältnis: Artikel im DGUV-Forum