Besondere berufliche Betroffenheit
und die Bemessung der MdE der gesetzlichen Unfallversicherung
Nach § 56 Abs. 2 SGB VII sind bei der Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) Nachteile zu berücksichtigen, die Versicherte dadurch erleiden , dass sie bestimmte erworbene besondere berufliche Kenntnisse und Erfahrungen infolge des Versicherungsfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen können, soweit sie nicht durch sonstige Fähigkeiten, deren Nutzung ihnen zugemutet werden kann, ausgeglichen werden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) liegen diese die Höherbewertung der MdE rechtfertigenden Nachteile dann vor, wenn unter Wahrung des in der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Grundsatzes der abstrakten Schadensberechnung, der durch § 56 Abs. 2 SGB VII nicht eingeschränkt wird, die Nichtberücksichtigung von Ausbildung und Beruf bei der Bewertung der MdE im Einzelfall zu einer unbilligen Härte führen würde.
Als wesentliche Merkmale bei der Beurteilung der besonderen beruflichen Betroffenheit sind das Alter des Verletzten, die Dauer seiner Ausbildung, die Dauer der Ausübung seiner speziellen beruflichen Tätigkeit und die Gewährleistung einer günstigen Stellung im Erwerbsleben durch die bisher verrichtete Tätigkeit zu berücksichtigen (BSG, ...).
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen L 6 U 448/01 vom 16.10.2002:
"Schließlich kann entgegen der Auffassung der Berufung ein rentenberechtigender Grad der MdE um 20 vH nicht deshalb angenommen werden, weil der Kläger nach seinem Vortrag infolge des Arbeitsunfalls, den er am 16. Juli 1999 erlitt, die bis dahin ausgeübte Bauarbeitertätigkeit aufgeben musste.
Zwar sind nach § 56 Abs. 2 Satz 3 SGB VII bei der Bemessung der MdE Nachteile zu berücksichtigen, die die Versicherten dadurch erleiden, dass sie bestimmte von ihnen erworbene besondere berufliche Kenntnisse und Erfahrungen infolge des Versicherungsfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen können.
Die eine Höherbewertung der MdE rechtfertigenden Nachteile liegen im Rahmen dieser Vorschrift aber erst dann vor, wenn sich die Folgen eines Versicherungsfalles so auswirken, dass eine gezielte Fähigkeit, die zum Lebensberuf geworden ist, nicht mehr ausgeübt werden kann und dass die Nichtberücksichtigung von Ausbildung und Beruf des Versicherten bei der Bewertung der MdE zu einer unbilligen Härte führt.
Eine unbillige Härte liegt nicht schon deshalb vor, weil der Versicherte seinen erlernten Beruf nicht mehr ausüben kann. Erforderlich sind vielmehr besondere Fertigkeiten (s. zusammenfassend zu den Kriterien BSGE 70, 47).
So hat das Bundessozialgericht (BSG) eine unbillige Härte beispielsweise angenommen bei einem 60jährigen Geiger nach einer Handverletzung (BSGE 4, 294) und bei einem Kaffeegroßröster nach dem Verlust des Geruchsvermögens (BSG SozR Nr. 10 zu § 581 RVO).
Bei einem Versicherten, der mit 42 Jahren einen Arbeitsunfall erlitten hatte, hat das BSG die besondere berufliche Betroffenheit verneint, weil in diesem Alter eine berufliche Anpassung zumutbar ist (Urteil vom 31. Oktober 1972 – 2 RU 169/70).
Bei Anwendung dieser von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze ist eine unbillige Härte iSd § 56 Abs. 2 Satz 3 SGB VII zu verneinen. Denn besondere berufliche Fertigkeiten, die zu einem Lebensberuf führten, hatte sich der Kläger nicht angeeignet...
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen L 6/3 U 262/02 vom 20.03.2003:
"Auch eine besondere berufliche Betroffenheit ..., die in eng begrenzten Härtefällen den Grundsatz der abstrakten Schadensbemessung einschränkt und eine Höherbewertung der MdE ermöglicht, liegt nicht vor.
Sie setzt insbesondere einen qualifizierten und sehr spezifischen Beruf mit einem engen Betätigungsbereich voraus (zusammenfassend Bundessozialgericht - BSG - ... im Hinblick auf einen Flugzeugführer). Als leitender Angestellter (Verkaufsleiter) war der Kläger jedoch nicht in einem solchen speziellen Beruf tätig. Unabhängig davon ist nicht erkennbar, dass die nicht gravierenden Unfallfolgen den Kläger an einer kaufmännischen Tätigkeit wie der eines Verkaufsleiters hindern."
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen L 6 U 448/01 vom 16.10.2002:
"Schließlich kann entgegen der Auffassung der Berufung ein rentenberechtigender Grad der MdE um 20 vH nicht deshalb angenommen werden, weil der Kläger nach seinem Vortrag infolge des Arbeitsunfalls, den er am 16. Juli 1999 erlitt, die bis dahin ausgeübte Bauarbeitertätigkeit aufgeben musste.
Zwar sind nach § 56 Abs. 2 Satz 3 SGB VII bei der Bemessung der MdE Nachteile zu berücksichtigen, die die Versicherten dadurch erleiden, dass sie bestimmte von ihnen erworbene besondere berufliche Kenntnisse und Erfahrungen infolge des Versicherungsfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen können.
Die eine Höherbewertung der MdE rechtfertigenden Nachteile liegen im Rahmen dieser Vorschrift aber erst dann vor, wenn sich die Folgen eines Versicherungsfalles so auswirken, dass eine gezielte Fähigkeit, die zum Lebensberuf geworden ist, nicht mehr ausgeübt werden kann und dass die Nichtberücksichtigung von Ausbildung und Beruf des Versicherten bei der Bewertung der MdE zu einer unbilligen Härte führt.
Eine unbillige Härte liegt nicht schon deshalb vor, weil der Versicherte seinen erlernten Beruf nicht mehr ausüben kann. Erforderlich sind vielmehr besondere Fertigkeiten (s. zusammenfassend zu den Kriterien BSGE 70, 47).
So hat das Bundessozialgericht (BSG) eine unbillige Härte beispielsweise angenommen bei einem 60jährigen Geiger nach einer Handverletzung (BSGE 4, 294) und bei einem Kaffeegroßröster nach dem Verlust des Geruchsvermögens (BSG SozR Nr. 10 zu § 581 RVO).
Bei einem Versicherten, der mit 42 Jahren einen Arbeitsunfall erlitten hatte, hat das BSG die besondere berufliche Betroffenheit verneint, weil in diesem Alter eine berufliche Anpassung zumutbar ist (Urteil vom 31. Oktober 1972 – 2 RU 169/70).
Bei Anwendung dieser von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze ist eine unbillige Härte iSd § 56 Abs. 2 Satz 3 SGB VII zu verneinen. Denn besondere berufliche Fertigkeiten, die zu einem Lebensberuf führten, hatte sich der Kläger nicht angeeignet...
Hä?
Wenn Sie einen außergewöhnlich qualifizierten und hoch spezialisierten Beruf ausgeübt haben und die Unfallfolgen gerade die dafür benötigten besonderen Fertigkeiten einschränken, dann könnte die MdE erhöht werden. Das kommt also für die meisten Unfallverletzten nicht in Betracht. Superselten!